Weihnachtskarten - spießig oder cool?

Vorweihnachtszeit hieß in meiner Kindheit nicht nur Plätzchen backen und Strohsterne basteln, sondern auch Weihnachtskarten an die Verwandtschaft schreiben. Wie ich das gehasst habe!

 

Meine Mutter kam mit einem Stift und einer Weihnachtskarte mit Tannenzweigen, Engeln oder Kerzen und sagte in etwa: "Jetzt schreib doch mal an Tante Trude! Schreib etwas, worüber sie sich freut und wünsche ihr schöne Weihnachten!"  

Ich kannte Tante Trude kaum, hatte sie irgendwann einmal kurz auf einem Familientreffen getroffen. Was wusste ich als Kind, worüber diese Tante sich freuen würde! Abgesehen davon war es mir als Kind völlig egal, ob sie sich freut oder ob sie schöne Weihnachten hat. Sie war weit weg, sie war mir fremd, ich hatte nichts mit ihr zu tun. Das einzige, was ich wußte war, dass sie jedes Jahr meinen Eltern eine Weihnachtskarte schickte mit Grüßen an die Kinder. Das musste ich dann ausbaden, ich musste ihr antworten. Schon deshalb mochte ich sie nicht.  

Und so ähnlich erging es mir mit anderen Verwandten, das einzige, was ich von ihnen wußte, war, dass ich ihnen zu Weihnachten eine Weihnachtskarte schreiben musste. Das machte sie für mich nicht zu Sympathieträgern!

 

Irgendwann kam die Erlösung: Wir bekamen ein Telefon. Und ich konnte meine Eltern überzeugen, dass ein Telefonat zu Weihnachten doch viel persönlicher sei, weil man ja direkt zu dem Menschen spricht. Telefonieren war damals noch sehr teuer und die Gespräche entsprechend kurz: "Hallo Tante Trude, hier ist Brigitte. Wir alle wünschen dir schöne Weihnachten und ein gutes neues Jahr! Ich hoffe, dass es dir gut geht! Und Tschüss!" Ich wollte meine Eltern ja nicht in den finanziellen Ruin treiben.

 

Dann ging ich schnell raus zum Spielen, denn meist rief Tante Trude bzw. die entsprechende Verwandte gleich zurück und dann wollte ich nicht ans Telefon gehen müssen. Small Talk war noch nie mein Ding, und am Telefon mit fast fremden Verwandten schon gar nicht.

 

Die Steigerung der gefühlten Erlösung kam mit dem Internet. Jetzt konnte ich schöne Weihnachtskarten per E-Mail verschicken. Es gab Vorlagen, auf denen Weihnachts- und Neujahrsgrüße schön gestaltet waren. Man konnte Schnee rieseln, Jingle Bells abspielen oder das "Ho! Ho! Ho!" des Weihnachtsmanns ertönen lassen! Ich konnte diese E-mails irgendwann schreiben und dann am 24. Dezember ausliefern lassen! Cool!

 

Vor vielen Jahren starb meine Mutter und ich räumte ihren Nachtschrank aus. Dort fand ich sorgfältig gebündelt Stapel von Karten, die meine Eltern erhalten hatten. Weihnachtskarten, Geburtstagskarten, Glückwunschkarten zu besonderen Gelegenheiten und Ansichtskarten aus Urlaubsorten. Auch die Karten, die ich meinen Eltern von meinen Reisen rund um die Welt geschrieben hatte, waren sorgfältig nach Jahren sortiert und gebündelt.

 

Ich brauchte Stunden, um diese eine Schublade auszuräumen, denn ich las mich in den Karten fest. Wer wann was geschrieben hatte und zu welchem Anlass und wo die Karten her kamen. Erinnerte mich an die Menschen, die diese Karten geschrieben hatten. Und las die Ansichtskarten, die ich vor Jahrzehnten aus allen Teilen der Welt an meine Eltern geschrieben hatte.

 

Und dann packte ich alle diese Karten in einen großen Umschlag und nahm sie mit nach Hause.

 

In diesem Jahr fing ich an, Weihnachtskarten zu schreiben. Zuerst nur an alte Menschen, die keinen Internetzugang hatten. Zu der Mutter einer sehr guten Freundin hatte ich immer mal wieder telefonischen Kontakt, bis sie im Alter von fast 90 Jahren sehr schwerhörig wurde und telefonieren zu anstrengend war. Sie hat sich sehr über die erste Weihnachtskarte gefreut, die ich ihr aus Goa geschickt habe. Auch meine 85jährige Patentante hat sich sehr über meine Weihnachtskarte gefreut und sie gut sichtbar in der Küche platziert.

 

Die Begeisterung bei den alten Menschen war groß und so weitete ich meine Weihnachtskarten-Aktion aus auf Familien mit Kindern. Die Kinder fanden es total cool, Weihnachtskarten aus Indien zu bekommen!

 

Und ich stellte auch fest, dass es inzwischen sehr schön gestaltete Weihnachtskarten gab neben den allseits bekannten mit  Kerzen auf Tannenzweigen! In Online-Shops wie z.B. diesem hier gibt es schöne und/oder witzige Weihnachtskarten. In kleinen Päckchen zu 25 Stück für Privatpersonen oder in größeren Gebinden für Firmen, die sich auch ihr Logo eindrucken lassen können.

 

Wenn du eine größere Menge Karten brauchst und früh genug dran bist, kannst du die Karten auch individuell gestalten lassen. Vielleicht mit einem Foto von dir beim Lebkuchen backen :-) Deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt und eine Grafikerin kann das alles für dich professionell umsetzen!

 

Ich jedenfalls werde dieses Jahr Lebkuchenrezepte zu Weihnachten verschicken! Die haben Petra Kress und Susanne Speer liebevoll gestaltet. Und ich freue mich immer, wenn ich eine schön gestaltete Weihnachtskarte bekomme von einem lieben Menschen oder einer Firma, mit der ich zusammen arbeite.

 

Inzwischen schreibe ich sehr gerne Karten zu vielen Gelegenheiten. Ich schreibe Geburtstagskarten oder Ansichtskarten mit schönen Motiven. Auch wenn einige davon gleich in den Papiercontainer wandern. Sehr viele aber finden einen gut sichtbaren Platz an einer Pinnwand, in einem Küchenregal oder auf einem Schreibtisch. Oder in der Schublade eines Nachtschränkchens.

 

Und eines Tages wird jemand diese Schublade ausräumen, die Karten vielleicht einem staunenden Kind zeigen und sagen "Guck mal, früher hat man solche Stücke Papier mit Bildern oder Zeichnungen verschickt, Postkarten nannte man das damals. Die wurden mit guten Wünschen beschrieben und dann mit gelben Autos in ganz Deutschland an die Empfänger verteilt. Manchmal kamen diese Karten sogar mit dem Schiff aus Indien oder Afrika und wurden dann hier in die gelben Autos gepackt und verteilt. 

 

Zu solch einer Geschichte möchte ich gerne beitragen und werde daher ganz viele Weihnachtskarten schreiben. Ich finde das total cool und überhaupt nicht spießig!

 

 

Brigitte Nolting